Lichtkunstfestival "Shining Light"
Der Rundgang
Der Rundgang zum Lichtkunstfestival ist individuell gestaltbar.
(1) Aftereal von Yasuhiro Chida
Foto: © Janus van den Eijnden
Vielleicht erinnert ihr euch noch daran, wie ihr als Kind an Silvester mit einer Wunderkerze in die Luft gezeichnet oder geschrieben habt. Die „Zeichnung“ wird durch einen so genannten Lichtnachlauf oder besser gesagt, durch den Nachzieheffekt der Wunderkerze verursacht. Das Bild der leuchtenden Funken wird nur für den Bruchteil einer Sekunde im Gehirn festgehalten und sofort durch ein neues Bild ergänzt, wenn Sie die Wunderkerze bewegen. Zusammen scheinen die Bilder eine Lichtspur zu bilden, und so entsteht die flüchtige Zeichnung, obwohl sie eigentlich gar nicht da ist; es ist ein einzigartiges Nachbild.
Dieses besondere Phänomen steht im Mittelpunkt der Installation Aftereal des japanischen Künstlers Yasuhiro Chida. Chida schafft oft große Installationen in natürlicher Umgebung, die er am liebsten mit einfachen Materialien selbst baut. Aftereal besteht aus Hunderten von elastischen Drähten, die sich mit Hilfe kleiner Motoren auf und ab bewegen und im Dunkeln mit UV-Lichtern leuchten. Das Bild der wellenförmigen Bewegungen der Drähte bleibt im Kopf haften – genau wie die Lichtzeichnung der Wunderkerze – und es scheint, als würde man eine große Landschaft aus Strichzeichnungen betrachten.
Chida zeigt uns, dass die Realität, wie wir sie erleben, eine Illusion ist, die wir mit unseren eigenen Augen und unserem Gehirn erschaffen. Und trotz all der Smartphones, HD-Kameras und VR-Brillen, die uns zur Verfügung stehen, sind unsere Augen (auch wenn sie vielleicht nicht so zuverlässig sind, wie wir es uns wünschen) immer noch das wichtigste Medium der Welt.
(2) Birds Fly Around with You von Masamichi Shimada
Foto: © Masamichi Shimada
Birds Fly Around With You ist eine interaktive Lichtskulptur, die Jung und Alt verzaubert . Die Installation basiert auf dem Zoetrop, einer Maschine, die dem Kino vorausging. In dieser Maschine wird eine Scheibe mit einer bestimmten Geschwindigkeit gedreht; wer durch einen kleinen Schlitz schaut, kann eine Figur sehen, die sich zu bewegen scheint.
Ein Besucher, der in die Nähe dieser Installation kommt, setzt die Maschine in Gang. Die Vögel leuchten einer nach dem anderen auf und erzeugen so die Illusion, dass sie fliegen. Je mehr Menschen sich um das Kunstwerk herum bewegen, desto mehr Vögel fliegen. Dieses technische Wunderwerk wurde vom japanischen Künstler Masamichi Shimada entwickelt, entworfen und programmiert.
(3) Bloomlight von VOUW
Foto: © VOUW
Bloomlight ist wie ein organisches Lebewesen, welches auf Passanten reagiert. Das Kunstwerk ist ein Bestandteil einer Reihe von Laternen. Wenn sie einen Menschen wahrnehmen, beugt sich das Bloomlight langsam zu ihm hin und entfaltet seine Blüten, um ein sanftes Licht zu verbreiten, ähnlich wie ein neugieriges Lebewesen. Der Passant erlebt das seltene Gefühl, von einer freundlich aussehenden Maschine gesehen und angesprochen zu werden, während ihn das warme Leuchten der Blüte tröstet. Wenn man weggeht, kehrt das Bloomlight allmählich in seine aufrechte Ruheposition zurück, schließt seine Blüte und dimmt sein Licht, als wäre nie etwas passiert.
Bloomlight lässt sich von der Natur inspirieren und zeigt, was Straßenbeleuchtung sein kann: interaktiv, beruhigend, atemberaubend. Die Philosophie des Bloomlight ist auch ein Statement gegen die Lichtverschmutzung: Das Licht der Blüte leuchtet nur dann hell, wenn es gebraucht wird, die übrige Zeit ist es gedämpft und passiv und überlässt dem Sternenlicht über uns die Hauptrolle. Entworfen wurde Bloomlight von den niederländischen Künstlern Justus Bruns and Mingus Vogel, bekannt unter dem Namen VOUW.
(4) Light a Wish von der OGE Group
Foto: © Bart Heemskerk
Sich etwas wünschen, bevor man den Flaum einer Pusteblume in die Luft pustet – dieses Spiel kennt jeder. Light a Wish der OGE Group visualisiert den Moment, in dem sich die Samen in der Luft auflösen und euren Wunsch mit in die Welt nehmen.
Die vergrößerten, wuscheligen Samen – insgesamt gibt es 20 Stück und sie sind 2 Meter hoch – baumeln vorsichtig in der Luft und leuchten so, dass es aussieht, als würden sie atmen. Mit Light a Wish visualisieren die Künstler die guten Vorsätze, die wir im Stillen loslassen und denen wir (hoffentlich) in der Zukunft wieder begegnen. Auf diese Weise sind die leuchtenden Pusteblumen Träger unserer tiefsten Wünsche und Träume.
Früher wurde das Ausblasen von Löwenzahnsamen auch als abergläubischer Akt praktiziert: Die Anzahl der Samen, die übrig blieb, zeigte an, wie viele Jahre man noch auf die Hochzeit warten musste, wie viele Kinder man mit seinem Liebsten bekommen würde oder wie viele Jahre man noch zu leben hatte. Aber bevor wir einen Blick in die Zukunft werfen können, müssen wir noch ein wenig auf den Frühling warten.
(5) Sign von Paul Vendel und Sandra de Wolf
Foto: © Festa delle Luci
Feuer! Nur wenige Worte sind in der Lage, die Aufmerksamkeit der Menschen zu erregen wie „Feuer“. Trotzdem fliehen sie nicht immer vor der Szene. Jemand hat mir einmal erzählt, dass man bei einem großen Feuer die Tiere weglaufen sieht. Die Menschen hingegen werden von den Flammen angezogen. Unsere Neugierde zieht uns in Richtung des Feuers.
Bei der Installation Sign können wir sehen, wie Feuerzungen meterhoch in die Luft steigen. Diese faszinierende Illusion, die vom Künstlerduo Vendel & De Wolf entworfen wurde, besteht aus Bambusstangen, die mit Aluminiumband umwickelt sind. Richtet man ein Licht auf sie, verwandeln sich die Stangen in eine Masse flackernder Flammen. Die Nachtluft leuchtet in einem Funkenregen auf. Es ist ein beängstigender und faszinierender Anblick. Und das nicht nur, weil die Flammen so spektakulär sind. Sondern auch, weil Feuer gleichbedeutend mit Zerstörung ist. Und Zerstörung führt zu Neuanfängen.
Feuer verwandelt Sand in Glas, Teig in Brot. Es verwüstet Wälder und macht gleichzeitig den Boden fruchtbar. Feuer kann alles auf einen Schlag verändern. Und während man vor so etwas weglaufen kann – wie ein Angsthase – kann man auch einen Schritt nach vorne machen und den Neuanfang begrüßen. Vielleicht ist das der Grund, warum sie dieses Werk ‚Sign‘ genannt haben. Es ist ein Startsignal. Ergebt euch dem Feuer, starrt in die Flammen der Veränderung.
(6) Absorbed by Light von Gali May Lucas
Foto: © Janus van den Eijnden
Drei Figuren sitzen nebeneinander auf einer Bank und weisen die typischen Merkmale von Smartphone-Nutzern auf: ihre Köpfe sind gebeugt, ihre Finger tippen und wischen, und ihre Gesichter werden von den Bildschirmen ihrer Telefone erhellt. Während ihre Körper physisch anwesend sind, sind ihre Gedanken woanders.
Wie das auf andere wirkt, kann man erleben, wenn man zwischen den Figuren von Absorbed by Light Platz nimmt, die von der Britin Gali May Lucas entworfen und von der Berliner Bildhauerin Karoline Hinz ausgeführt wurden.
Die Telefon- und Computerbildschirme, die unser Leben im wörtlichen und übertragenen Sinne erhellen, sind unwiderstehlich. Wir lesen neue Nachrichten sofort und wollen einfachen Zugriff auf unsere sozialen Medien, nützliche Apps und den Browser. Unsere Smartphones sind ständig bei uns – im Bett, auf der Toilette, im Zug, am Schreibtisch. Sie sind eine Erweiterung unseres Kontakts mit unseren Familien, Freunden und sogar mit Menschen am anderen Ende der Welt. Infolgedessen beschäftigen wir uns mehr mit der virtuellen und oberflächlichen Realität als mit uns selbst und der realen Welt um uns herum, was Lucas schmerzlich deutlich macht. Die aktive Einbeziehung des Publikums in die „Geschichte“ ist ein wiederkehrendes Merkmal im Werk des britischen Künstlers, der als Grafikdesigner für verschiedene internationale Agenturen tätig war.
Doch eine Gegenbewegung ist im Anmarsch. Mehrere Technologieunternehmen entwickeln Möglichkeiten, damit man weniger auf das Telefon schaut. Man kann einen Timer einstellen (auch für die Kinder), mit Statistiken über die eigene Nutzung konfrontiert werden und eine „Nicht stören“-Funktion aktivieren. Es ist immer noch die Frage, ob diese Art von Maßnahmen wirklich etwas ändern wird. Im Moment sieht es so aus, als würden wir es vorziehen, uns in unsere digitale Realität zu vertiefen, anstatt in unsere direkte Umgebung.
(7) Neighborhood von Sergey Kim
Foto: © Janus van den Eijnden
Beleuchtete Wäsche hängt zum Trocknen auf Wäscheleinen, als ob es ein heißer Sommertag wäre. Leuchtend weiße Kleidungsstücke und eine fröhliche Sammlung von Blusen, T-Shirts, Unterwäsche, Hosen, Kleidern, ein Paar weiter türkischer Hosen, ein traditionelles jüdisches Kleid und eine marokkanische Djellaba. Zusammen repräsentieren diese Stücke die kulturelle und ethnische Mischung der Bewohner einer Stadt als subtilen, aber überraschenden Eingriff in das Stadtbild.
Die Wäscheleinen schaffen ein freundliches, nachbarschaftliches Gefühl. Diese Verbindung ist für Sergey Kim von größter Bedeutung, denn trotz der Globalisierung und der Fülle des weltweiten Informationsaustauschs fürchten wir uns zunehmend vor dem Fremden, so der Künstler. In den Großstädten leben die Menschen isoliert, und es ist üblich, seine Nachbarn nicht zu kennen. Der Künstler hofft, eine positive Botschaft in die Welt zu senden, indem er etwas so Alltägliches und Universelles wie das Wäschetrocknen nutzt, um ein Bild des harmonischen Zusammenlebens der Menschen zu vermitteln.
Alles in Neighborhood strahlt Licht aus, von den Kleidungsstücken bis hin zu den Wäscheklammern und der Wäscheleine selbst. Sergey ist fasziniert von der Wirkung des Lichts auf Alltagsgegenstände. Insbesondere interessiert ihn, wie die Anwendung von Licht die Bedeutung eines Gegenstandes völlig verändern kann. Er nutzt Licht oft, um kreative Lösungen zu finden.
(8) Butterfly Effect von Masamichi Shimada
Foto: © Janus van den Eijnden
Sechs riesige Schmetterlinge sind auf der Oberfläche der Landschaft gelandet, ihre Flügel leuchten blau in der dunklen Nacht. Auf den ersten Blick scheint das Kunstwerk eine friedliche, fast magische Szene darzustellen. Doch mit seinem Kunstwerk Butterfly Effect versucht Masamichi Shimada darzustellen, wie etwas so Zartes wie ein Schmetterling eine solch immense Kraft besitzen kann.
Der Titel des Kunstwerks bezieht sich auf den Vortrag des amerikanischen Wissenschaftlers und Meteorologen Edward Lorenz (1917-2008) aus dem Jahr 1961 mit dem Titel „Vorhersagbarkeit: Löst der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas aus?“. Lorenz untersuchte, wie eine scheinbar unbedeutende Handlung eine Kette von Ereignissen auslösen kann, die zu weitaus größeren Veränderungen führen kann.
Lorenz‘ Schmetterlingseffekt ist eine Metapher, die zwar wissenschaftlich nicht möglich ist, aber zeigt, dass das tägliche Leben, das Wetter oder die Börse ein gewisses Maß an Unvorhersehbarkeit aufweisen und dass das Chaos oder die Krise immer vor der Tür steht.
Die Light Art Collection Amsterdam stellt sich vor:
Die Light Art Collection (LAC) möchte Menschen auf der ganzen Welt durch die universelle Sprache der Lichtkunst verbinden, erleuchten und bewegen. 2017 wurde LAC gegründet und richtet seitdem ihre Fokus auf durchdachtes Kuratieren, maßgeschneiderte Beratung und erfolgreiche Produktion von Lichtkunstinstallationen für ein breites Publikum,
Den Kern der Sammlung bildet eine Auswahl von Kunstwerken, die im Auftrag und für das Amsterdam Light Festival geschaffen wurden. Darüber hinaus besteht die Sammlung auch aus anderen Werken und wird ständig erweitert. Sie ist die größte ihrer Art in der Welt.
Die Light Art Collection verfügt über ein etabliertes Netzwerk professioneller Partner auf der ganzen Welt, das von Stadtplanern über Entwickler bis hin zu Museen, Künstlern und anderen reicht. In der Überzeugung, dass von Lichtkunst inspirierte Erlebnisse die perfekte Umsetzung erfordern, verbindet sich LAC mit unterschiedlichen Kulturen und ermöglicht es, Geschichten zu erzählen.
Indem sie den Kunstwerken eine internationale Bühne bietet, belebt Light Art Collection Umgebungen, verändert die Wahrnehmung von Bewohnern und Besuchern und schafft positive Auswirkungen auf die Gemeinschaft. Lichtkunstausstellungen fanden bereits auf Festivals und in Kulturzentren, an öffentlichen Plätzen und privaten Veranstaltungsorten in Athen, Brüssel, Hongkong, London, New York, Riad und in vielen anderen Städten statt.