Caspar David Friedrich – 250 Jahre Jubiläum

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Friedrich-Orte in Greifswald

Sind Ihnen in letzter Zeit gelbe Schilder mit dem Aufdruck „Schüler“, „Naturfreund“ oder „Künstler“ aufgefallen? Dann waren Sie vermutlich in ganz Greifswald unterwegs . 
Wir haben uns in der Stadt umgehört, wo sich die heimlichen „Friedrich-Orte“ der Greifswalder Bevölkerung befinden. So wurde in jedem Stadtteil ein Friedrich-Ort markiert. Wie wäre es also mit einer Fahrradtour, um alle Orte aufzusuchen? Ganz unten finden Sie eine Karte, auf der die Schilder verortet sind.

Nördliche Mühlenvorstadt – BRUDER

Willkommen am Alten Friedhof, ein stadtgeschichtlich bedeutender Ort in Greifswald! Viele einflussreiche Persönlichkeiten der Stadt sind hier beerdigt worden, und darüber hinaus öffnet die Begräbnisanlage auch ein Fenster in die Familiengeschichte des Malers Caspar David Friedrich: Hier fanden Heinrich (1777-1844) und Christian Friedrich (1779-1843), zwei Brüder des Malers, ihre letzten Ruhestätten. Beide waren angesehene Kaufleute und gingen ihrem Gewerbe des Seifen- und Kerzenmachers sowie Tischlers Anfang und Mitte des 19. Jahrhundert in Greifswald nach. Heinrich Friedrich kaufte das Haus am Markt 10 (heutige Sparkasse) und richtete sich dort seine Seifen- und Kerzenwerkstatt ein. Friedrichs jüngster Bruder Christian Friedrich hatte seine Tischlerwerkstatt in der Domstraße 24 (das Gebäude wurde 1989 abgerissen).

Caspar David Friedrich wuchs in einer vielköpfigen Familie auf. Die Bindung zu seinen Geschwistern blieb auch nach seinem Umzug nach Dresden 1801 eng. Dieser Zusammenhalt sollte ihn auch als Künstler stützen und inspirieren. Der Austausch mit seinen Brüdern Heinrich und Christian fand über Briefe und gegenseitige Besuche auf verschiedenen Ebenen statt: Seinen Bruder Christian beriet Caspar David hinsichtlich der Technik des Holzschnitts und schickte ihm Bildvorlagen,…

welche dieser in Holz schneiden sollte, zu. Auch fertigte der Maler in Dresden Skizzen von Ladenmobiliar an, welches er zur Inspiration an Christian sandte. Von Heinrich Friedrich erhielt Caspar David besonders zu Feiertagen pommersche Köstlichkeiten und Geschenke per Post. Heinrich besuchte Caspar David mehrfach in Dresden. Porträts von Christian und Heinrich, welche der malerisch begabte Greifswalder Theologe und Freund der Familie Johann Christian Friedrich Finelius (1787-1846) anfertigte, hingen in der Wohnung Caspar Davids in Dresden. Insgesamt tauschten sich alle drei, aber auch die weiteren Geschwister, über Briefe zu familiären und beruflichen Angelegenheiten regelmäßig aus.  

Der Alte Friedhof, auf dem die Brüder Friedrich ihre letzte Ruhe fanden, ist selbst ein geschichtsträchtiger Ort. Der „Allgemeine Begräbnisplatz“ an der Wolgaster Straße wurde am 13. September 1818 eingeweiht, nachdem die  innenstädtischen Begräbnisstätten (u.a. auf dem Nicolaikirchhof) aufgelassen werden mussten und die Stadt ein neues Areal für die Totenruhe benötigte. Diese Verlagerung folgte nach dem Übergang von Schwedisch-Pommern an Preußen im Jahr 1815, mit welcher auch das „Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten vom 1. Juni 1794“ in Greifswald Gültigkeit erhielt. Diesem zufolge waren innerkirchliche Bestattungen und Beerdigungen in Wohngebieten verboten. Die Gestaltung des Friedhofs geht auf einen Entwurf von Johann Gottfried Quistorp (1755-1835), Zeichenlehrer Caspar David Friedrichs, zurück. 

Heute spiegelt der Alte Friedhof den Respekt der Stadt Greifswald für die Menschen wider, die sie geprägt haben. Die Wege zwischen den Grabstätten, umgeben von Bäumen und Natur, laden Besucher dazu ein, einen Blick in die Geschichte der Stadt und ihrer Bürger zu werfen. Die Gräber von Caspar David Friedrichs Brüdern sind dabei stille Zeugen einer Zeit, in der Familie und Zusammenhalt eine bedeutende Rolle spielten – Werte, die auch für Caspar David Friedrich von großer Bedeutung waren. Der Alte Friedhof Greifswald bleibt damit nicht nur ein Ort des Gedenkens und ein Archiv der Stadtgeschichte, sondern auch ein Zeugnis für die familiäre Verbundenheit des berühmten Romantikers mit seiner Stadt Heimatstadt.

Innenstadt – BERÜHMTER STADTSOHN

Willkommen in der Fischstraße 11 – dem ehemaligen Caspar-David-Friedrich-Haus. Warum heißt dieses Haus so? Hinsichtlich der Lebensgeschichte Caspar David Friedrichs beziehungsweise der Familiengeschichte der Friedrichs in Greifswald spielt dieses Haus keine Rolle. Friedrichs Geburtsort befindet sich im roten
Backsteinklinkerhaus in der heutigen Langen Straße 57, welches das Caspar-David Friedrich-Zentrum beherbergt. Friedrichs Bruder Johann Christian Adolf (1770-1838) hat das Familienhaus übernommen und die Geschäfte dort weitergehführt. Der Bruder Christian (1779-1843), Tischler, hatte seinen Wohnort in der Domstraße 24. Der Bruder Heinrich (1777-1844), ebenfalls Seifen- und Kerzenmacher wie der Vater und Bruder Johann Christian Adolf, wohnte am Markt 11. Der ältere Bruder Samuel (1773-1844) wohnte in Neubrandenburg, die älteste Schwester Catharina Dorothea (1766-1808) in Breesen. Auch in den nächsten Generationen der Familie Friedrich steht das Haus in der Fischstraße 11 in keinem Bezug zu den Nachfahren.

Der Name des Hauses lässt uns einen Blick auf die Erinnerungs-kultur zu Caspar David Friedrich in Greifswald im 20. Jahrhundert werfen. Es wurde in den 80iger Jahren als eines der wenigen Gebäude in der Innenstadt denkmalgerecht rekonstruiert und saniert…

Am 7. Oktober 1984 wurde es schließlich dem Greifswalder Kulturbund zur Nutzung übergeben. Dem Zwecke angemessen, sollte das Gebäude einen passenden Namen erhalten. Wie die Ostseezeitung am 10. Oktober 1984 schrieb, war es der Name des wohl Berühmtesten aller Greifswalder: „Am Sonntag, zum 35. Republikgeburtstag, wurden ihnen [Greifswalder Kulturbund] in der Fischstraße ihr Gebäude übergeben, für das sie wohl keinen treffenderen Namen, als den des großen deutschen Maler der Romantik, des Greifswalders Caspar David Friedrich finden konnten.“ Der Republikgeburtstag meint das 35. Jahr des Bestehens der DDR (Deutsche Demokratische Republik). Der damalige Vorsitzende der Kreisleitung des Kulturbundes Prof. Dr. Ulrich Kliewe (1954-2023) gab in einem Interview in den Norddeutschen Neuesten Nachrichten im Januar 1984 an, dass das Haus zu einem kulturellen und politischen Zentrum der Stadt entwickeln zu wollen. Aktionswochen, Gesprächsrunden, Foren oder Zirkelabende sollten hier stattfinden. Verschiedenen Interessensgruppen und Zirkeln wollte der Kulturbund Räume zur Nutzung zur Verfügung stellen und institutionelle Mitgliedschaften realisieren, so zum Beispiel zum VEB (Volkseigener Betrieb) Nachrichtenelektronik.

Der Name Caspar David Friedrich sollte dabei den Fokus auf die Kultur verdeutlichen und gleichzeitig, im Sinne des Gedenkens, den Namen des über die Grenzen hinaus bekannten Stadtsohns in Erinnerung halten. Das Familienhaus der Friedrichs in der Langen Straße 57 dürfte zu diesem Zeitpunkt bereits in den Besitz der Stadt übergegangen sein, war in jedem Fall aber äußerst baufällig, wie die Mitglieder der Greifswalder Altstadtinitiative im Frühjahr 1989 erneut anmahnten, und stand damit als Erinnerungsort nicht zur Verfügung. Erst nach der politischen Wende war eine Sanierung des Hauses in mehreren Phasen möglich. Heute beherbergt es das Caspar-David-Friedrich-Zentrum, ein Personalmuseum zu Leben und Werk des Malers.

Das „Caspar-David-Friedrich-Haus“ zeigt auf, wie sich das Andenken an einen großen Künstler über Generationen wandelt und in neuen Formen wiederauflebt. Gleichzeitig verpflichtet dieser Ort auch, die Erinnerungskulturen und Vereinnahmungsstrategien verschiedener Zeiten kritisch zu hinterfragen.

Steinbecker Vorstadt – MARITIMER MALER
 

Caspar David Friedrich, 1774 in Greifswald geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend in der Stadt. Der Hafen, der damals ein lebendiger Ort des Handels und der Schiffbaukunst war, prägte ihn nachhaltig. Entlang des Nordufers des Rycks existierten bis zum Ende der Ära der Segelschifffahrt mehrere Holzschiffswerften. Der Greifswalder Hafen war auch ein Inspirationsort Caspar David Friedrichs, der ihn in etlichen Skizzen und mehreren Gemälden festhielt. Sein Freund, der Maler Carl Gustav Carus (1789-1869), schrieb im ersten Teil seiner „Denkwürdigkeiten und Lebenserinnerungen“ 1831:

„Wir gelangten an den freilich nur engen Hafen, und zum ersten mal erfreute mich hier der Mastenwald kleiner Kauffahrer, der malerische Anblick der Krane, der Segelboote, der gehäuften Waarenballen und Tonnen, über welchem allem jener eigene aromatische See- und Theergeruch schwebt, den niemand wieder vergißt, der einmal nur eine Seestadt besucht hat.“  

Dieses quirlige Treiben lässt sich auch in Friedrichs Gemälden erkennen: Am bekanntesten ist das Bild „Greifswald Hafen“ (1818/1820), welches einen Blick auf die Stadt mit allen drei Kirchtürmen und dem Fangenturm festhält…

 In dem 1931 verbrannten Gemälde „Hafen von Greifswald“ (ca. 1810) aber wird der Mastenwald, das Gemenge aus Booten, Schiffen unter Segel, unfertigen Schiffsrümpfen, Ankern, Staken, Fässern und allerlei Bauholz, welches für die Schiffswerft am nördlichen Ufer des Rycks typisch war, gezeigt. Winzig klein sind Menschen in diesem Getümmel zu erkennen und im Hintergrund der Fangenturm. Beide und auch weitere Gemälde mit Hafenmotiven beruhen auf Zeichnungen, die Friedrich auf seinen Reisen 1815 und 1818 nach Greifswald und Rügen, angefertigt hat. Für seine zeichnerischen Studien am Nordufer des Rycks befand sich Friedrich nahe der damaligen Siedehäuser der Saline bzw. des Salzdepots, etwa auf Höhe der Kuhstraße, verlängerte man sie über den Ryck hinweg. Für einige Studien wählte er einen Blickpunkt noch weiter östlich entlang der Nordseite des Flusses.
Auch die Südseite des Rycks präsentierte sich damals völlig anders: Die Stadtmauer verlief nahe des Ufers und öffnete sich an allen von Süden nach Norden verlaufenden Straßen in den sogenannten Wassertoren und im Steinbecker Tor. Für den in Greifswald per Schiff Anreisenden zeigte sich hier eine repräsentative Stadtansicht mit den Schaugiebeln der Kirchen und besonderen Gestaltung der Stadtmauer im Süden und geschäftigem Treiben auf den Schiffswerften und Saline vor allem im Norden.

Zeit seines Lebens malt Friedrich maritime Motive, auch in dieser Hinsicht wird eine enge Bindung an seine norddeutsche Heimat sichtbar. Nicht nur Hafenansichten, sondern das offene Meer, Küstenlandschaften, Studien von Segeln, Ankern, Netzen, Reusen, aber auch Fischer finden sich immer wieder in Zeichnungen und Gemälden. Dafür fand er seine Vorlagen nicht nur in Greifswald, sondern zeichnete auch in Wolgast, Stralsund, Vierow und vor allem auf der Insel Rügen.

Die Museumswerft, eine der zentralen Attraktionen des Hafens, ist ein lebendiger Ort der Handwerkskunst. Hier werden alte Boote und Schiffe restauriert, um die maritimen Traditionen der Region zu bewahren. Die Werft ist nicht nur ein Museum, sondern ein Treffpunkt für Interessierte und Liebhaber des Schiffbaus und der Seefahrt, die auch Friedrich so fasziniert haben. Auch die Wiese am Hafen hat ihren besonderen Charme: Heute wie damals lädt sie zum Verweilen ein. Hier trifft sich die Greifswalder Gemeinschaft, und im Sommer kommen Menschen zusammen, um das bunte Treiben der Stadt und die Aussicht auf die ruhige Wasseroberfläche zu genießen.

Südliche Mühlenvorstadt – KONKURRENZ

Der Name Bleichstraße verweist auf einen, im 18. Jahrhundert in dieser Straße lange Jahre ansässigen, Handwerksbereich – die Wachsbleiche. In einer Wachsbleiche wurde Bienenwachs gebleicht, um daraus auch weiße Kerzen herstellen zu können. In der  Wachsbleiche in der Bleichstraße, die als Manufaktur betrieben wurde, wurde in großen Mengen nicht nur Wachs gebleicht, sondern auch Kerzen hergestellt. Die Manufaktur, welche zu dieser Zeit von Ludwig von Hess geführt wurde, musste allerdings nach 1759 Konkurs anmelden. Ab 1763 stand die Wachsbleiche zum Verkauf und die Anzeigen darüber wurden überregional auch in Zeitungen veröffentlicht. Für den seinerzeit noch in Neubrandenburg tätigen Vater Caspar David Friedrichs, Adolf Gottlieb Friedrich (1730-1809), war das vermutlich der entscheidende Hinweis darauf, dass sich nun eine besondere Gelegenheit bot, in Greifswald sein Geschäft als Kerzen- und Seifenmacher aufzubauen. Der damals 33-jährige Adolf Gottlieb zog 1763 nach Greifswald, kaufte 1765 das Haus in der heutigen Langen Straße 57 und wurde Bürger im 2. Stand als Seifen- und Kerzenmacher. Die Wachsbleiche wurde nachfolgend von Carl Friedrich von Bilow übernommen und noch mindestens bis 1773 weitergeführt. Für den Vater Friedrichs blieb die Konkurrenz noch eine Zeit lang erhalten. Sein Einstieg in das Geschäft war…

insgesamt nicht frei von Herausforderungen. Zum einen wählte er ein Haus in der Innenstadt, um sein Handwerk zu betreiben, was die Nachbarschaft nicht immer gut aufnahm. Die Pastoren des nahegelegenen Doms St. Nikolai beschwerten sich über den „üblen Geruch und sonstige Ungemächlichkeiten“, welcher durch die Erhitzung des Talgs als Ausgangstoff für Kerzen und Seifen entstand. Andererseits konnte er mit den zwei großen Siedekesseln in der Langen Straße Seifen und Kerzen in unterschiedlichsten Mengen herstellen und verkaufen und ging damit, wie man zu der Zeit zu sagen pflegte, den Krämern „in die Nahrung“, d.h. er nahm ihnen das Geschäft. Die Krämer waren Kleinhändler, die in Greifswald auch und in kleinen Mengen Kerzen und Seifen herstellten oder handelten. Trotz dieser Widerstände erhielt Friedrich im Jahr 1766 die Genehmigung, nicht nur seine Lichtgießerei, sondern auch eine Seifensiederei zu betreiben und Kerzen in allen Mengen zu verkaufen.
Für den späteren Maler Caspar David Friedrich mag diese familiäre Umgebung, geprägt von Widerstand und Durchsetzungskraft, eine ambivalente Rolle gespielt haben. Während sein Vater sein Geschäft erfolgreich und trotz etwas widriger Umstände in der Stadt ansiedeln konnte, fand Caspar David seine eigene Ausdrucksweise in der Kunst, wobei er das Stadtbild Greifswalds auch immer wieder zu Motiven seiner Gemälde machte.
Heute erinnert in der Bleichstraße außer dem Namen nichts mehr an diese Geschichte. Ohne den Konkurs von der Hess‘ schen Wachsbleiche wäre er möglicherweise nicht in Greifswald geboren worden. Das Caspar-David-Friedrich-Zentrum befindet sich heute im ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus der Familie Friedrich in der Lange Straße 57. Dort können Sie noch mehr über die Haus- und Handwerksgeschichte und über den romantischen Maler erfahren.

Botanischer Garten – RÜCKZUGSORT

Als Ort der Ruhe und der Reflektion spiegelte der Botanische Garten in Greifswald nicht nur die tiefe Verbundenheit zur Natur wider, die für die Romantik so typisch war, sondern deckt auch die Bedürfnisse nach einem Ort der Zurückgezogenheit, an dem man die Seele baumeln lassen kann. Er versammelt eine reiche Vielfalt an Pflanzen und Bäumen und vermittelt eine besondere Perspektive auf das Zusammenspiel von Natur und Kultur.

Der Botanische Garten lag ursprünglich im Innenhof der Universität an der Rubenowstraße und erstreckte sich auch auf Teile der Wallpromenade. So zentral gelegen bot er für die Greifswalder Bürger einen gut erreichbaren Zufluchtsort. Seit 1886 befindet sich der Garten in der Fettenvorstadt, in einem Bereich außerhalb der ehemaligen Stadtmauern, der auf Karten aus dem 19. Jahrhundert als „Gartenland“ bezeichnet ist. Prof. Dr. Julius Münter (1815-1885) hatte die Pläne dafür entworfen.

Johann Gottfried Langguth (1791-1838), der Mann von Caspar David Friedrichs Nichte Dorothea Henrike (1803-1884), war ab 1820 akademischer Gärtner am seinerzeit noch in der Innenstadt gelegenen Botanischen Garten. Prof. Christian Friedrich Hornschuch (1793-1850) hatte seinen Jugendfreund Langguth 1820 mit dem Antritt seiner  Professur für Naturgeschichte nach…

Greifswald geholt. Zwei Jahre später heiratete Langguth in die Familie von Friedrichs älterem Bruder Johann Christian Adolf Friedrich (1770-1838) ein. Nicht nur Langguth, sondern auch Hornschuch wurden so zu geschätzten Bekannten und Freunden Caspar David Friedrichs.

Caspar David Friedrich hat sich intensiv mit dem zeichnerischen Naturstudium beschäftigt. Auf seinen Zeichnungen finden sich Birken, Fichten, Eichen, aber auch Butterblumen, Borretsch und Pestwurz. Teilweise hat er einzelne Gewächse nahezu porträtiert, sie also genauestens, über mehrere Stunden mit dem Zeichenstift studiert und in seinem Skizzenbuch festgehalten. Botanisch exakt klassifizierbar hat Friedrich Pflanzen allerdings selten festgehalten oder bezeichnet. Auch spielten in seinen Zeichnungen eher die „wilde“ Natur und nicht Gartenpflanzen eine Rolle. Vereinzelt hat Caspar David Friedrich in seinem Gemälden aber den Garten oder gartenähnliche Anlagen als Bildmotiv gewählt, so zum Beispiel in der „Gartenterrasse“ (1811) oder in der „Gartenlaube“ (1818), in welchem er den Garten seines Bruders Adolf verewigt hat, welcher sich wiederum im Bereich des „Gartenlandes“ außerhalb des Fettentores befand.

Wenn es um das Thema Blumen geht, gibt es auch hier Verbindungen zu Caspar David Friedrich: Nicht nur wurde er anfangs in den Adressregistern der Stadt Dresden als Blumenmaler geführt, sicher eine Fehlbezeichnung oder Verwechslung, andererseits war Friedrichs Schwägerin Caroline Therese, geb. Lehmann (1828-1914) tatsächlich eine geschätzte Blumenmalerin. Ihre Blumen- und Jahreszeitenaquarelle erfreuten sich in Dresden einer großen Beliebtheit. Die Blumenmalerei galt lange als das einzige Genre in der Malerei, in der auch Malerinnen anerkannt waren.
Im Caspar-David-Friedrich-Zentrum ist eines ihrer Originale zu sehen. Caspar David Friedrich lernte allerdings seine Schwägerin nicht mehr kennen, denn sein Sohn Gustav Adolf (1824-1889) heiratete erst 1856, 16 Jahr nach dem Tod seines Vaters.

Heute umfasst der Botanische Garten in Greifswald rund 25.000 Quadratmeter und beherbergt über 8.000 verschiedene Pflanzenarten. Er ist nicht nur ein Ort der Forschung, sondern auch ein beliebtes Ziel für Spaziergänger, Botaniker und Kunstliebhaber, die sich von der Schönheit der Natur inspirieren lassen möchten – ganz im Sinne von Caspar David Friedrich und seinen Zeitgenossen.

Fleischervorstadt – KRITISCHER BEOBACHTER

Das Koeppenhaus ist ein Ort, der die Erinnerung an einen weiteren bedeutenden Sohn der Stadt lebendig hält, den Autor Wolfgang Koeppen (1906-1996). Mit Caspar David Friedrich verbindet ihn mehr als der Geburtsort. Während Friedrich Greifswald und die Landschaft der Region auf Leinwand verewigte, war Koeppen ein scharfer Beobachter des modernen Lebens und der gesellschaftlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam ist ihnen ihre kritische Sicht auf ihre Zeit und zuweilen auch auf ihre Heimatstadt. Beide verließen Greifswald – ein Schritt, der für beide Künstler wichtig war.

Caspar David Friedrich, 1774 geboren, wuchs in einer bürgerlichen, religiös geprägten Familie auf. Seine Kindheit und Jugend war auch geprägt von Verlust und Trauer – Friedrich verlor früh seine Mutter und zwei seiner Geschwister. Gleichzeitig war Greifswald erster Ausbildungsort – der spätere Maler erhielt hier seinen ersten Zeichenunterricht bei dem akademischen Zeichenlehrer Johann Gottfried Quistorp. Überdies blieb die Stadt wichtiges Motivreservoir, vor allem auch, weil er den maritimen Charakter der Stadt und Landschaft erstmals aufgesogen hatte, welcher später in seinen Werken so zentral blieb. Für den Maler war aber der Umzug in die künstlerische Metropole Dresden für die Ausbildung seiner eigenen malerischen Sprache …

 

ausschlaggebend, brachte die Akzeptanz als Maler und Erweiterung des künstlerischen Horizonts mit sich. 
Friedrich haderte zuweilen mit seiner Heimatstadt, wenn es um nicht zustande kommende Aufträge in Greifwald ging: „Aber auch des Verdrusses und Ärgers hab ich viel erfahren müßen; denn die, wenn auch nicht alle, so im Rathe sitzen in meiner Vaterstadt, haben sich ehrloß gegen mich betragen und sind wortbrüchig und haben gutes mit bösen vergolten; ob aus Dummheit oder Niederträchtigkeit lasse ich ungesagt.“ (Brief vom 18. Oktober 1815 an Louise Seidler)
Vor allem aber stand er bestimmten künstlerischen Richtungen und Positionen seiner Zeit kritisch gegenüber, was in der Äußerung bei Betrachtung einer Sammlung von Gemälden von größtenteils noch lebenden und unlängst verstorbenen Künstlern mitunter mehr als deutlich zum Ausdruck kommt. 
Die Kindheit Wolfgang Koeppens war durch das Fehlen eines festen Elternhauses, Armut, einen verleugnenden Vater und Umzüge geprägt. Seine Mutter zog ihn allein groß, und der junge Koeppen empfand die Stadt oft genug als eng und wenig inspirierend. Der spätere Aufbruch führte ihn weg aus Greifswald und von 1934 bis 1938 auch aus Deutschland und wurde nicht nur ein Schritt zur persönlichen Freiheit, sondern auch der Beginn seines literarischen Schaffens, das ihn international bekannt machte. Anders als Friedrich nahm Koeppen die Stadt selbst selten zum Thema – für ihn stand das kritische Hinterfragen von Gesellschaft und Politik im Vordergrund.

In ihrer Geburtsstadt fanden beide Künstler nach ihrem Tod eine Würdigung. Mit Orten wie dem Koeppenhaus und dem Caspar-David-Friedrich-Zentrum wird an das Erbe dieser beiden kritischen Beobachter erinnert. Das Koeppenhaus, heute ein Veranstaltungsort für Literatur, Kunst, Kino und Konzerte, ist, wie das Caspar-David-Friedrich-Zentrum, nicht nur ein Ort der Erinnerung, sondern auch ein lebendiger Raum der Auseinandersetzung – ein „Wirk- und Veranstaltungsort“.

Schönwalde 1 – SCHÜLER

Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Schüler in Greifswald Ende des 18. Jahrhunderts, eine Zeit, in der das Lernen und der Schulalltag ganz anders waren als heute. Das Standortschild befindet sich genau zwischen der Integrierten Gesamtschule Erwin Fischer, der Grundschule Greif und der Integrierten Gesamtschule Martinschule. Ein Großteil der Greifswalder Schüler*innen geht in Schulen in Schönwalde I und II oder im Ostseeviertel.

Während heute die Schulen für alle jungen Menschen zugänglich sind und Wissen in staatlich festgelegten Lehrplänen vermittelt wird, war Bildung zur Zeit Friedrichs immer noch ein Privileg. Es gab keine allgemeine Schulpflicht. Caspar David Friedrich, geboren 1774, und seine Geschwister erhielten nach Aufzeichnungen einer Nichte Friedrichs Unterricht von einem Hauslehrer, der die Kinder in Musik, Poesie und Latein lehrte. Die Greifswalder Stadtschule in der Mühlenstraße, heute Gemäldegalerie des Pommerschen Landesmuseums, existierte zwar schon, hatte aber einen schlechten Ruf.

Mit 16 Jahren war es üblich für die männlichen Nachfahren einen Beruf, in der Regel ein Handwerk, zu erlernen. Caspar David Friedrich bildet hier eine Ausnahme. Sein Vater machte es ihm möglich, Zeichenunterricht beim Universitätszeichenmeister Johann Gottfried Quistorp (1755-1835) zu erhalten. Unter anderem im Pommerschen Landesmuseum sind kalligrafische Übungen von Caspar David Friedrich erhalten, die er angefertigt hatte, …

als er 14 bzw. 15 Jahre alt war. Diese beweisen noch heute Friedrichs herausragendes Talent. Auch dies mag den Vater bewogen haben, ihm eine Zeichenausbildung zukommen zu lassen, selbstverständlich war es allerdings nicht. Alle von Friedrichs Brüdern erlernten einen Handwerksberuf: Seifen- und Kerzengießer, Tischler, Schmied. Diese Berufe boten eine sichere finanzielle Basis und Grundlage für die Gründung einer eigenen Familie. Mit einer Zeichenausbildung war Caspar David Friedrichs Auskommen zunächst und im Grunde auch zeitlebens ungewiss.

Wie der oberen Schilderung zu entnehmen ist, unterschieden sich auch die Unterrichtsinhalte stark von denen, die heute auf dem Lehrplan stehen. Neben Fächern wie Lesen, Schreiben und Rechnen waren musische Fächer und vor allem Latein zentrale Bestandteile der schulischen Bildung. Die „sieben freien Künste“, zu denen unter anderem Grammatik, Rhetorik und Geometrie zählten, galten als wichtige Grundlage jeder höheren Bildung und wurden im ausgehenden 18. Jahrhundert als essenziell für die geistige Entwicklung betrachtet. Kreative Fächer wie Kunst und Musik hatten einen hohen Stellenwert, und Caspar David Friedrichs Talent für die bildende Kunst wurde früh erkannt und gefördert.

Während Schüler heute den Komfort eines geregelten Unterrichts mit festen Lehrplänen genießen, hing das Lernen damals oft von der Art und dem Engagement der einzelnen Lehrer ab. Diese gestalteten ihren Unterricht nach eigenem Wissen und Ermessen, und so konnten Bildung und Wissen je nach Lehrer stark variieren. Eine einheitliche schulische Förderung, wie sie heute üblich ist, gab es nicht.

Die modernen Schulen bieten eine breite Auswahl an Fächern, die die klassischen Künste ergänzen, und schaffen so Raum für Kreativität, Entfaltung und Entdeckung.
Vielleicht ist Caspar David Friedrichs Weg ein Ansporn, das eigene Lernen und die Chancen der heutigen Zeit wertzuschätzen – denn jede Begabung, ob in Kunst, Naturwissenschaften oder Musik, hat das Potenzial, Wege zu öffnen und Träume wahr werden zu lassen.

Schönwalde 2 – VATER UND EHEMANN

Den Stadtteil Schönwalde II/ Groß Schönwalde gab es zu Friedrichs Zeiten noch nicht. Greifswald war zu dieser Zeit etwa so groß wie die heutige Innenstadt. Hier lebten ca. 5000 Einwohner. Heute hat die Stadt ca. 60.000 Einwohner, von denen die meisten im sogenannten Schönviertel – Abkürzung für diesen Stadtteil, Schönwalde I/ Südstadt und das Ostseeviertel Parkseite und Ryckseite – wohnen. Schönwalde II/ Groß Schönwalde ist auch ein junger Stadtteil: Hier befinden sich Studentenwohnheime, das Berufsbildungswerk, die Wirtschaftsakademie Nord, der Nachbarschaftshilfeverein e. V., das Quartiersbüro für das Schönviertel, der Studentenclub Kiste e. V., der Kinderschutzbund und das Schönwalder Stadtteil- und Begegnungszentrum (SchwalBe) mit dem Kinder- und Jugendhaus LABYRINTH.
Im Rahmen des 250. Geburtstagsjubiläums 2024 hat der Kinderschutzbund in Zusammenarbeit mit dem LABYRINTH ein Projekt zu Caspar David Friedrichs Frau, Christine Caroline Friedrich, geb. Bommer, konzipiert und umgesetzt. Der Projektname führte Protagonistin und Veranstaltungsort zusammen – Caroline im Labyrinth. Im Projekttext heißt es:

„Die allgemeine Betrachtung ihrer Bedeutung im Leben des Malers wird ihrer Wichtigkeit kaum gerecht. Im Labyrinth vertritt sie 2024 ihren Mann und „besucht“ das Kinderhaus um romantische Freundschaften zu knüpfen,… sie erscheint als eine gegenwärtige romantische lnfluencerin…“

Zwischen dem Internationalen Frauentag und dem Weltkindertag 2024 gab es hier zahlreiche Veranstaltungen und Einblicke in Friedrichs Zeit: Feste, Workshops, Theater, Vorträge, Spiele und Mode aus dem 19. Jahrhundert. Zusätzlich wurde eine vor dem Haus befindliche, künstlerische Bank um die Darstellung von Caroline Friedrich erweitert. Auch hier konnten Kinder und Jugendliche den Werkprozess des Bildhauers André Kalunga-Peters von Anfang bis Ende begleiten und mitwirken.

Dass die Familie des Malers und vor allem Caroline Friedrich während des Jubiläumsjahres in diesem Stadtteil im Zentrum standen, ist etwas Besonderes. So wie es auch schon in dem Auszug aus der Projektbeschreibung anklang, werden Friedrichs Frau als auch seine Kinder selten betrachtet geschweige denn in den Mittelpunkt gerückt. Caroline ist nach der Hochzeit am 21. Januar 1818 oft Motiv in Friedrichs Gemälden, so in den „Kreidefelsen auf Rügen“ (1818), „Mondaufgang am Meer“ (1822) und „Frau am Meer“ (1818) und „Auf dem Segler“ (1818/19) und „Frau am Fenster“ (1822). In seinem Brief an die Greifswalder Brüder und Bekannte vom 28. Januar 1818 schreibt er:

 „Es ist ein schnurrig Ding wenn man eine Frau hat, schnurrig ist es wenn man eine Wirthschaft hat, sei sie auch noch so klein; schnurrig ist wenn meine Frau mir Mittags zu Tische zu kommen einladet. Und endlich ist es schnurrig wenn ich jetzt des Abends fein zu Hause bleibe, und nicht wie sonst im Freien umher laufe.“

Aus diesem Zitat wird zum einen deutlich, wie stark sich Friedrichs Leben durch seine Hochzeit änderte, er war 44 Jahre alt, als er heiratete. Andererseits zeigt es aber auch, welche Rolle die Frau im 19. Jahrhunderts in der Regel einzunehmen hatte – die als Hausfrau und Mutter. Während die männlichen Nachfahren zu Friedrichs Zeiten üblicherweise mit 14 Jahren in eine Lehre gingen, halfen Mädchen in der Hauswirtschaft und bei der Erziehung jüngerer Geschwister. Diese Rolle ist im 20. und 21. Jahrhundert stark hinterfragt und unter den Gesichtspunkten Gleichberechtigung sowie Beteiligung an gesellschaftlichen Prozessen neu definiert worden.

Wie genau das häusliche Leben in der Familie Caspar David Friedrich ablief, darüber ist wenig zu erfahren. In den Gemälden „Frau auf der Treppe“ und „Frau mit dem Leuchter“ (beide 1825 und im Pommerschen Landesmuseum zu sehen) wirft der Maler einen Blick in sein Zuhause, in dessen Mittelpunkt seine Frau zu erkennen ist. Friedrich ist erst spät Vater geworden ist, d.h. seine drei Kinder waren bei seinem Tod 1840 noch unmündig (unter 21 Jahre alt). Von seiner ältesten Tochter Emma Johanna wissen wir, dass sie einen Elbfischer und späteren Badeanstaltsbesitzer geheiratet hat, der nach ihrem frühen Tod ihre jüngste Schwester Agnes Adelheid geheiratet hatte. Sein Sohn Gustav Adolf trat in die Fußstapfen seines Vaters und wurde Landschaftsmaler. Er heiratete später die Blumenmalerin Caroline Therese, geb. Lehmann.

Ostseeviertel – ZEICHENSCHÜLER

Im Ostseeviertel von Greifswald trägt eine Schule stolz den Namen Caspar David Friedrich. Die Regionale Schule im Ostseeviertel/ Ryckseite erinnert an diesen besonderen Künstler, indem sie jungen Menschen die Chance bietet, selbst die Bedeutung von Kunst und Kreativität zu erleben und zu erlernen.
Das Schulgebäude entstand 1989/90 und wurde als letzter Schulbau in Greifswald noch zu DDR-Zeiten errichtet. Die Realschule erhielt den Namen Caspar David Friedrich. Mit dem Umzug der Oberstufe aus der Martin-Andersen-Nexö-Schule im Ostseeviertel Parkseite in diese Schule, wurde der Name in Martin-Andersen-Nexö-Schule am Ryck geändert, um beide Schulen voneinander unterscheiden zu können. 2008 erfolgte dann die Rückbenennung der Regionalen Schule am Usedomer Weg 1 in Caspar-David-Friedrich-Schule. Und einen schöneren Standort kann man sich für eine Schule dieses Namens nicht wünschen: Nahe des Ryck gelegen, bietet sie einen Blick über Felder in Richtung Wieck und Eldena und nach Westen überschaut man Treidelpfad, Fluss und Salzwiesen. Diese Ausblicke hätten Friedrich sehr zugesagt.

Ihrem Namen angemessen pflegt die Schule das Andenken an den Landschaftsmaler der Romantik zusammen mit ihren Schülern. Die Fassade der Schule wurde mit Motiven des Malers verschönert. Regelmäßig besuchen sie die Originale Friedrichs im Pommerschen Landesmuseum und das Caspar-David-Friedrich-Zentrum…

In Zusammenarbeit mit Letzterem entstand 2016 ein Kinderbuch zu Caspar David Friedrich. Im Vorfeld des Jubiläumsjahres 2024 initiierten sie eine Partnerschaft mit der Caspar-David-Friedrich-Schule in Berlin Marzahn-Hellersdorf – nur diese beiden Schulen tragen deutschlandweit den Namen Caspar David Friedrichs. Sie feierten den Maler ausgiebig im Rahmen ihres Schulfestes am 16. Mai 2024. Mit der Filmproduktion „Mensch am Meer“ fand anlässlich des Jubiläums eine besonders intensive und gelungene Auseinandersetzung mit dem Maler und seiner Zeit statt.

Friedrichs schulische Ausbildung war im Gegensatz zu heute anders strukturiert und weit weniger selbstverständlich. Die Familie Friedrich konnte sich, der Vater war Seifen- und Kerzengießer, einen Hauslehrer leisten, der die Kinder in Musik, Latein und Poesie unterrichtete. Ob Caspar David jemals die Greifswalder Stadtschule in der Mühlenstraße besuchte, ist unklar. Die Familie ermöglichte es ihm mit 16 Jahren nicht einen Handwerkberuf, sondern eine Zeichenausbildung bei dem akademischen Zeichenlehrer Johann Gottfried Quistorp (1755-1835) zu beginnen.

Bemerkenswert ist auch, dass sich Friedrichs Leben bis er 20 Jahre alt war in der Greifswalder Innenstadt abspielte, da die Stadt damals kaum größer als das war, was die Stadtbefestigung, der heutige Wall, einschloss. Greifswald besteht heute aus 15 Stadtteilen, ein Großteil der Bevölkerung wohnt in Schönwalde I/ Südstadt, Schönwalde II/ Groß Schönwalde und im Ostseeviertel Parkseite und Ryckseite – dem sogenannten Schönviertel. Diese Stadtviertel entstanden erst in den 70iger Jahren des 20. Jahrhunderts, daher sind insbesondere hier die sogenannten Plattenbauten prägend. Die Stadt Greifswald ist seit Friedrichs Zeiten um ein Vielfaches gewachsen, nicht nur flächenbezogen, sondern auch hinsichtlich der Anzahl ihrer Einwohner. Lebten um 1800 etwa 5000 Menschen in Greifswald, sind es heute etwa 60.000.

Die Caspar-David-Friedrich-Schule in Greifswald bietet Schüler*innen als Regionale Schule nicht nur die Möglichkeit, die Berufsreife oder mittlere Reife zu erlangen, sondern sich auch mit ihrem Namenspatron auf vielseitige Art und Weise zu beschäftigen.

Stadtrandsiedlung – ROMANTIKERVIERTEL

Die Straßen in der Stadtrandsiedlung tragen Namen verschiedener Dichter und Philosophen, vorwiegend aus der Zeit der Klassik und vor allem der Romantik. Daher könnte dieser Teil der Stadt auch gut Romantikviertel heißen. Die Namen Johann Gottfried Herder (1744-1803), Johann Friedrich Schiller (1759-1805), Ludwig Gotthard Kosegarten (1758-1818), Clemens Brentano (1778-1842), Ludwig Uhland (1787-1862), Heinrich von Kleist (1777-1811), Adelbert von Chamisso (1781-1828), Wilhelm Grimm (1786-1859), Jacob Grimm (1785-1863) und Heinrich Heine (1797-1856) umweht der Geist einer außergewöhnlichen Epoche, in der sich Kunst, Literatur und Philosophie zu einer einzigartigen kulturellen Bewegung vereinten. Hier in diesem Stadtviertel erklingen die Namen einiger der bedeutendsten Zeitgenossen von Caspar David Friedrich, die um 1800 ein verzweigtes Netzwerk und einen engen Austausch miteinander pflegten und so ihre Schaffenskraft gegenseitig befeuerten. 
Herder und Schiller stehen für die Epoche der Klassik, welche die nachfolgende Romantik stark beeinflusste. Kosegarten gilt als Dichter der Insel Rügen, dessen Einfluss auf Caspar David Friedrich durch seine schwärmerische Prosa und Lyrik nicht unterschätzt werden kann. Clemens Brentano steht zusammen mit seinem Freund Achim von Arnim (1781-1831) zum einen für das Werk „Des Knaben Wunderhorn“, eine Sammlung deutscher Volkslieder, die die Romantiker zu einem neuen Blick auf die Kultur und die Natur inspirierte. Andererseits hat Brentano, wiederum zusammen mit von Arnim, eine Besprechung auf Friedrichs Bild …

 „Mönch am Meer“ verfasst. Dieser Text wurde allerdings von Heinrich von Kleist völlig umgeschrieben: 

„Herrlich ist es, in einer unendlichen Einsamkeit am Meeresufer, unter trübem Himmel, auf eine unbegrenzte Wasserwüste, hinauszuschauen. Dazu gehört gleichwohl, daß man dahin gegangen sei, daß man zurück muß, daß man hinüber möchte, daß man es nicht kann, daß man alles zum Leben vermißt, und die Stimme des Lebens dennoch im Rauschen der Flut, im Wehen der Luft, im Ziehen der Wolken, dem einsamen Geschrei der Vögel, vernimmt….“

Adelbert von Chamisso war Dichter und vor allem Naturforscher. Mit „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ von 1814 schrieb er ein einflussreiches Kunstmärchen, welches die Geschichte eines Mannes erzählt, der seinen Schatten verkauft. Seine Lyrik wurde mehrfach vertont. Als Weltreisender und Naturwissenschaftler war er ebenso wirkmächtig, so erfasste er u. a. die Flora Alaskas. Seine Reiseberichte ragen insofern heraus, als dass er  die Einwohner verschiedener, von ihm besuchter Gegenden humanistisch schilderte.

Heinrich Heine gilt als letzter Vertreter der Romantik und gleichzeitig auch als deren größter Kritiker. Noch 1824 fügt er in seinem Reisebericht „Die Harzreise“ alle wichtigen Elemente der literarischen Romantik zusammen: Landschaftsbeschreibungen, Gedichte, Träume und Märchenbezüge. „Die romantische Schule“ von 1836 stellt dann eine Abrechnung mit der Literatur seiner Zeit dar. In einem Brief an seinen Studienfreund Karl August Varnhagen von Ense (1785-1858) sah sich Heine selbst als „letzter und abgedankter Fabelkönig“ der Romantik. Mehr und mehr häufte sich aber der ironisierende Ton in seinen Werken, Heine wurde zunehmend politisch:

„Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang
Es rührte sie so sehre
der Sonnenuntergang. 

Mein Fräulein! Sein sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück“

Eldena – TRÄUMER

In Eldena, im Schatten des alten Waldes, fand Caspar David Friedrich vielleicht einen Ort der Einkehr und der Inspiration, nachdem er an der nahegelegenen Klosterruine Eldena gezeichnet hatte. Der Wald war für die Romantiker ein geschlossener Raum, wo Gedanken still werden und die Seele in die Weiten der Natur entgleitet. Auch der Wald in der Nähe von Greifswald ist mehr als eine Landschaft; er ist ein Raum für Träume, für Reflexion und für das Gefühl der Waldeinsamkeit, das die Romantiker so sehr verehrten. Er ist nicht nur Kulisse, sondern ein mystischer Raum des Selbst. Die dichten Baumkronen, die das Licht nur in geheimen, schattigen Bahnen durchlassen, sind wie ein Spiegel für die innere Welt.

Für Novalis (1772-1801), einen der bedeutendsten Dichter der deutschen Romantik, war der Traum ein Schlüssel zu einer tieferen, mystischen Wahrnehmung der Welt. Träume galten ihm nicht nur als flüchtige, nächtliche Phänomene, sondern Tore zu einer höheren Realität, die das Rationale übersteigt. In seinen Schriften verkörperte der Traum die Sehnsucht nach einer Welt jenseits des Sichtbaren, die in den poetischen Räumen der Fantasie und des Unbewussten existiert. Novalis sah darin eine Möglichkeit, die Grenzen des Alltäglichen zu überschreiten und die verborgenen Wahrheiten des Lebens zu ergründen. So wurde der Traum für Novalis zu einem Element, das durch eine tiefe Verbundenheit mit der Natur den Zugang zur inneren, geheimen Weisheit der Welt öffnete …

Diese Vorstellung von Träumen als Quelle der Inspiration und als Brücke zu einer transzendenten Wahrheit zog sich wie ein roter Faden durch das Denken der Romantiker und fand ihren Ausdruck in Dichtung, Kunst und Philosophie.

In solcher Waldesstille fanden vermutlich Dichter wie Ludwig Tieck (1773-1853) und Joseph von Eichendorff (1788-1857) ihre Inspiration. In Tiecks Kunstmärchen „Der blonde Eckbert“ (1796) wird erstmals der Begriff der Waldeinsamkeit eingeführt und als Symbol für eine heile Welt für das innere und äußere Erleben verwendet:

Waldeinsamkeit
Die mich erfreut
So morgen wie heut
O wie mich freut
Waldeinsamkeit

Caspar David Friedrich hat das Waldmotiv nicht sehr häufig in seinen Bildern verarbeitet. Im Gemälde „Der Chasseur im Walde“ wird der Wald als undurchdringliche Barriere für einen französischen Soldaten gedeutet. Das Bild entsteht 1813, in der Zeit der napoleonischen Besetzungen und beginnenden Befreiungskriege. Im Bild „Waldesinnere bei Mondschein“ (1823-1830) ist der vordere Teil des Waldes allerdings abgeholzt – die Figuren sind nur über das bergige Gelände, nicht aber über den Baumbestand geschützt. Auch in den Ölgemälden „Zwei Männer in Betrachtung des Mondes“ (1819), „Wald im Spätherbst“ (1835) und „Kreuz im Wald“ (1813) findet sich das Motiv mehr oder weniger zentral in der Darstellung wieder.

Ernst Ferdinand Oehme (1797 – 1855) verewigte das Bildmotiv in seinem 1822 entstandenen Gemälde „Waldesinnere“ sehr eindrücklich. Oehme, ein in Dresden geborener Maler, war nicht nur mit Friedrich bekannt, sondern orientierte sich künstlerisch vor allem in seinem frühen und mittleren Werk stark an ihm.

Georg Friedrich Kersting (1785-1847), geboren in Güstrow, ein Freund und Porträtist Friedrichs, hat das Waldesinnere als patriotisches Motiv für seine Gemälde „Auf Vorposten“ und „Die Kranzwinderin“ (beide 1815) aufgegriffen. Kersting hat an den Befreiungskriegen teilgenommen und nach seiner Rückkehr den Wald in diesen Bildern zu einem Gedenkort erklärt.

Friedrichshagen – KÜNSTLER

1248 wurde der Ort unter dem Namen Frederikeshaghen als im Besitz des Klosters Eldena stehend erwähnt. Erst in einer Überlieferung aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist Name Friedrichshagen in der auch heute noch gültigen Schreibweise wiedergegeben. Die Familie Friedrich, erst 1763 nach Greifswald gezogen, hat also mit dem Namen des Ortes sehr wahrscheinlich nichts zu tun. Der Ort gehört seit 1960 zu Greifswald.
Das Bildmotiv wiederum – den Blick auf den Bodden – hat Caspar David Friedrich in etlichen Zeichnungen und Gemälden festgehalten, so zum Beispiel in den „Lebensstufen“(1834) oder „Küstenlandschaft in der Dämmerung“ (1816-18). Der Blick aus dem erhöht liegenden Dorf Friedrichshagen auf die Dänische Wieck gehört jedoch nicht dazu. Heute, da Friedrichs Landschaften Teil unseres kollektiven Gedächtnisses sind, erinnert uns der Ausblick über Felder, gesäumt von alten Baumreihen vor dem in der Ferne glitzernden Wasser aber unweigerlich an seine Gemälde.

Die Ansichten rund um Friedrichshagen sind vielfältig: der Bodden mit weitem Blick bis hinüber zur Insel Rügen, der Wald, beackerte Felder und das Dorf bieten sich dem Auge des Betrachters als Landschaften dar. Gleichzeitig lädt die ländliche Lage zum Wandern ein, genau die Art von Fortbewegung, durch welche auch Friedrich seine Motive entdeckt und schließlich zeichnerisch festgehalten hat. Friedrichs Gemälde sind das Ergebnis von einem langsamen Erkunden der Natur, aber auch des sorgfältigen Komponierens einzelner Landschaftseindrücke …

Das Wandern als langsames Umkreisen und einfühlsames Erspüren der Landschaft war für ihn ein kreativer Prozess – ein entschleunigtes Sehen.
Im Gegensatz dazu prägte die zunehmende Geschwindigkeit der Industrialisierung Friedrichs Zeit. Mit der Erfindung von schnelleren Fortbewegungsmitteln und der fortschreitenden Urbanisierung veränderten sich auch die Wahrnehmungsgewohnheiten der Menschen. Friedrichs Bilder scheinen uns im heutigen Rückblick wie ein Aufbäumen gegen die sich ankündigenden, beschleunigten und beschleunigenden Veränderungen – ein sehnsuchtsvoller Blick zurück, ein Verharren im Moment, der sich ins Unendliche zu ziehen scheint.
Der Ausblick von Friedrichshagen aus über den Bodden ist nicht nur ein landschaftlicher Genuss, sondern eben auch ein Sehnsuchtsblick. Wie ein Tor zu einer anderen Welt, symbolisiert dieser ausgedehnte Blick die Romantik und die Sehnsucht nach etwas Größerem. Friedrichs Landschaften, die oft durch flache Horizonte die Weite des Himmels darzustellen vermögen, spiegeln diese Sehnsucht wider. Der Blick über das Wasser war für ihn nicht nur eine geographische Perspektive, sondern auch eine geistige: ein Blick auf die unendlich scheinenden Weiten der Natur, die in ihrer Schönheit und Größe den Einzelnen in einen existenziellen Dialog mit der Welt versetzen.

Friedrichshagen liegt zudem an der Route der Norddeutschen Romantik und gibt mit dem Blick über den Bodden auch einen Ausblick auf weitere Stationen an dieser Route: Über Greifswald, Kemnitz und Vierow führt die Fahrradstrecke entlang des Ostseeküstenradweges schließlich nach Wolgast. Die Route der Norddeutschen Romantik zeigt, dass Caspar David Friedrich nicht nur in seiner Heimatstadt gewandert ist und gezeichnet hat, sie verdeutlicht auch, dass weitere Künstler aus der Zeit der Romantik in der Region ansässig, wirksam und zum Teil auch mit Friedrich bekannt waren, darunter der Maler Philipp Otto Runge (1777-1810) in Wolgast, der Maler und Pädagoge Friedrich August von Klinkowström (1778-1835) in Ludwigsburg und der Dichter Karl Gottlieb Lappe (1773-1843) in Wusterhusen.

Ladebow – LANDSCHAFTSMALER

Ladebow im Rücken und gegen Südwesten blickend bietet sich dem Betrachter einer der eindrucksvollsten Blicke auf die Silhouette der alten Hansestadt Greifswald. Hier, von der Ladebower Chaussee aus, breitet sich die Stadt in einer einzigartigen Kulisse vor dem Horizont aus. Er vermittelt die Ruhe und schlichte Schönheit der Landschaft, die auch Caspar David Friedrich in seinen Gemälden festhielt. Diese Friedrich-Landschaft liegt dem berühmten Friedrichblick, den der Maler von Westen kommend in seinem Gemälde „Wiesen bei Greifswald“ eingefangen hat, genau gegenüber.
Mit dem Blick von Osten auf die Stadt lässt sich erahnen wie ankommende Fischer oder Kaufleute auf ihrer Fahrt den Ryck hinauf, die Annäherung an die Hansestadt erlebt haben. Mit dem Aquarell „Blick aus Greifswald“ (1818), welches sich heute im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt befindet, ist auch ein Friedrichscher Blick von Osten auf die Universitätsstadt erhalten.

Dieser ist allerdings von Wieck aus schauend, auf Höhe der heutigen Klappbrücke und vom Wasser aus aufgenommen worden. Er zeigt aber die imposante Trias der Greifswalder Stadtkirchen auf der Südseite des Rycks und auf dessen Nordseite die noch bis 1872 existierende Saline mit Gradierwerk.

Vom Standort dieses Schildes aus hat Friedrich die Stadtsilhouette zwar nicht zeichnerisch festgehalten, aber der Blick von der Nordseite des Ryck ist bei Friedrich, etwa vom heutigen …

Museumshafens aus gesehen, in Zeichnungen und Gemälden belegt. Das Rosenthal mit seinen Salzwiesen, so hieß das Gebiet zu Friedrichs Zeiten, war im 19. Jahrhundert noch kaum über Wege erschlossen, daher konnte Friedrich von hier aus keinen Fernblick auf die Stadt erlangen.

Das Besondere dieser Sicht auf die Stadt ist das sogenannte Kirchenballett. Es bedeutet, dass auf der Fahrt entlang der Ladebower Chaussee in Richtung Stadt, die Kirchen ihre Positionen wechseln, sie scheinen zu tanzen. Dieser Wechsel wäre für Friedrich sicher ein reizvolles und ergiebiges Motiv gewesen.

Die Wiesen, der Polder Eisenhammer, die sich von Ladebow entlang des Ryck bis an den Stadtrand erstrecken, verleihen dieser Landschaft zuweilen eine fast unberührte Atmosphäre. Sie sind teilnaturiert, teilweise eingedeicht und andererseits auch landwirtschaftlich genutzt. In den nächsten Jahren sind hier weitere Renaturierungsmaßnahmen geplant. Westlich schließen die Salzwiesen von Ladebow an den Polder Eisenhammer an. Als Niedermoorgebiet und Überschwemmungsareal des Ryck hin bis zum Ladebower Moor waren sie insgesamt durch das Zusammenspiel von Wasser und Land geprägt.
 
Heute zieht diese Landschaft Spaziergänger und Naturliebhaber an, die vom Aussichtsturm aus, den Wechsel von Natur- und Kulturlandschaft und die darin lebenden Vögel beobachten können. Die Wiesen entlang der Ladebower Chaussee bieten nicht nur eine herrliche Aussicht auf die alte Stadt, sondern auch eine Erinnerung an Friedrichs Vermächtnis: den Respekt und die Wertschätzung für die Natur und das harmonische Zusammenspiel von Mensch und Landschaft.

Riems – NATURFREUND

Die Insel Riems und der gegenüber auf dem Festland liegende Ortsteil Riemserort inmitten der Greifswalder Boddenlandschaft hätte Friedrichs Herz als Landschaftsmaler zweifellos höher schlagen lassen. Dieser außerhalb gelegene Stadtteil verfügt über mannigfaltige landschaftliche Ausblicke und beherbergt darüber hinaus auf der Insel Riems seit 1910 das Friedrich-Loeffler-Institut. Die Verbindung zwischen Insel und Festland besteht in Form eines Damms erst seit Anfang der 70iger Jahre des 20. Jahrhunderts.
Riems und Gristow wurden 1313 bzw. 1248 erstmals urkundlich erwähnt. Bereits seit Ende des 14. Jahrhunderts sind die Orte im Besitz der Stadt Greifswald, welche das Land als Weideland verpachtete. Zu dieser Zeit war das Gebiet unbewohnt. Heute gehört Gristow zu Mesekenhagen und Riems seit 1957 wieder zu Greifswald.

Von diesem Standort aus blicken wir über die Gristower Wieck – eine tiefe Einbuchtung des Greifswalder Boddens – die Halbinsel Fahrenbrink auf die Gristower Kirche. Stellen Sie sich Friedrich vor, wie er an diesem Ort Zeichenpapier und Stift gezückt hätte, um die herrliche, fast naturbelassene Ansicht einzufangen. Die kleinen Wellen des Boddens glitzern im Licht der sinkenden Sonne, das Schilf wiegt sich sanft im Wind. Die Gristower Kirche am Horizont verleiht dem Bild eine friedliche Erhabenheit…

Friedrich hätte den stillen Moment eingefangen – die tiefe Ruhe und das Gefühl der Ewigkeit, das man hier spürt. Vielleicht hätte er eine einzelne Figur in den Vordergrund gestellt, eine wandernde Gestalt, die ihren Blick auf die Kirche und die Ferne gerichtet hält, so wie es typisch für ihn war. Die Gestalt wäre klein und unbedeutend vor der Größe der Landschaft gewesen, fast verloren in der Weite, und doch untrennbar mit ihr verbunden. Friedrichs Landschaften sind nicht übervoll und berstend von allerlei Naturüppigkeit oder dramatisch in Szene gesetzt, sondern zeigen die schlichte, flache, norddeutsche Landschaft, die stille Größe der Natur – genau wie hier, in Riems.

Caspar David Friedrich hat den Riems selbst nie besucht. Zu seinen Lebzeiten im 18. und 19. Jahrhundert waren Reisen oftmals beschwerlich, und die Abgeschiedenheit des Dorfes machte es für den Künstler schwer erreichbar. Auf Karten aus der Zeit Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts ist für diese Region lediglich die Chaussee von Greifswald über Mesekenhagen, Reinberg und Brandshagen nach Stralsund zu erkennen. Das Wegenetz war zu Friedrichs Zeiten deutlich weniger ausgebaut als heute, vermutlich spielte daher dieses landschaftliche Kleinod in Friedrichs Landschaftssammlung leider keine Rolle.

Typisch für diese Landschaft ist auch ihr stetiger Wandel: Erosion, Meeresanstieg und die Kraft des Windes formen die Uferlinie immer wieder neu. Friedrich liebte diese Art des Wandels in der Natur, das Wechselspiel von Vergänglichkeit und Beständigkeit. Auch in dieser Hinsicht wäre Riems für ihn eine allegoriereiche und inspirierende Landschaft gewesen.

Wenn Sie heute an dieser Stelle verweilen, nehmen Sie sich einen Moment, um die Landschaft so zu betrachten, wie es Friedrich getan hätte – mit offenem Blick, mit Ruhe im Herzen und einem tiefen Respekt vor der Natur.

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